Vortrag von Dr. med. Friederike Richter am Atemkongress in Freudenstadt 1959

Richter Friederike SchreibtischHeutigentags verbindet sich mit dem Begriff Atemtherapie bereits mehr eine konkrete und positive Vorstellung in der allgemeinen ärztlichen Welt als dies vor mehreren Jahrzehnten noch der Fall war. In jener Zeit wurde von der offiziellen Medizin dieses Heilgebiet mehr zu den schwarz-magischen Heilmethoden gerechnet und so war es auch das Schicksal des in diesen Zeiten von mir begonnen Buches der Atemheilkunst, eine ballastreiche, schwer aufzuarbeitende Schiffsladung von theoretischen Zusammenhängen zur Fundierung der Existenzberechtigung und –notwendigkeit der Atemtherapie herbeigeschafft haben zu müssen. .
Ohne sie mit der Mühsal allzu weitausgeholter Theorie und Grundlagenerläuterung heute belasten zu wollen, sei nur in ganz groben Strichen das Gebäude dieser Atemtherapie, soweit dies nunmehr aufgebaut werden konnte, umrissen.

Die Heilkunst der Atmung besitzt als ihre beiden Arbeitsgebiete
A) sich selbst, also das gesamte Organgebiet des äußeren  bis hin zum inneren Atemsystem
B) physiologische und therapeutische Einflussbereiche in anderen Organsystemen und im Gesamtorganismus auf physikalischer, chemischer und peripher-nervöser wie zentral-nervöser Ebene; auf dieser letzten Ebene sowohl vegetativ wie animalisch.

Im Arbeitsgebiet des Atmungssystems selbst, also dem Gebiet A), ist Atemtherapie angezeigt  bei einer Reihe von Erkrankungen der Lunge und des äußeren Bewegungsapparates.
Für die Lunge kommt in Frage:
1. zur Korrektur von Unterentwicklung
2. zur Verhütung und Rückbildung des Emphysems
3. zur Asthma Behandlung
4. zur Behandlung chronischer Bronchitiden und Bronchiektasien
5. zur Verhütung und Beseitigung von Schwartenbildung im Abheilungsstadium von  
   Pneumonien und Pleuritiden
6. zur Nachbehandlung von Operationen
7. zur Pneumokoniosenbehandlung, also vor allem der Silikosen und Staublungen
    verschiedener Art
8. zur Tbc-Prophylaxe

Für den äußeren Atemapparat kommt sie in Frage:
1. zur Nachentwicklung bei Verkümmerung
2. zur Lockerung und Mobilisierung bei Versteifung, Erstarrung
3. zur orthopädischen Korrektur bei Fehlformbildung
    (Kyphoskoliose, Trichterbrust, Rachitisbrust u.ä. )
4. zum muskulären Training bei Muskelunterfunktion, Fehlfunktion, Tonusstörung
5. Zur Einordnung gestörten Zusammenklangs von äußerer Atmung und allen
    Bewegungsfunktionen von Gesamtrumpf und Gliedern

Diese letztere ist eine nicht unwichtige Grenzgebiet-Aufgabe.

Gegenanzeige gegen Atembehandlung im Atmungssystem selbst besteht für
1. alle akut-entzündlichen und akut-infektiösen Prozesse
2. alle malignen Neubildungsprozesse
3. alle Pilz- und parasitären Lungenbefall

Ganz besonders bewährt unter den eben genannten Indikationen aber ist die Atembehandlung für die Lunge bei Unterentwicklung, Asthma, Emphysem, zur Reinigung von chronischen Bronchitiden, Silikosen u.ä. für den äußeren Atemapparat bei Verkümmerung, Fehlbildung, Fehlbewegungen, Versteifung und Erstarrung.

Im Arbeitsgebiet B), welches sich aus den atemphysiologischen Einflüssen und atemtherapeutischen Beeinflussungsmöglichkeiten in anderen Organsystemen und dem gesamten Organismus entwickelt, finden wir – nur in großen Zügen beschrieben – Behandlungsindikationen für folgende Einzelbereiche:

1.
für den Teilhaber am gekoppelten Funktions-Komplex Atmungs-Kreislauf, nämlich
das Herz:
Therapeutisch beeinflussbar ist hier vor allem
a) venöser Rückfluss und intrathorakales Sofort- oder Reservedepot, für die reibungslose
    Sofortanpassung des Herzsens grundlegend wichtig. Im Zusammehang damit
b) Schlagvolumen, Frequenz und Rhythmus , somit Wirkungsgrad des Herzens und sein
     O2-Aufnahmevermögen.
c) Herzposition sowie Intensität der Durchblutung und Sauerstoffversorgung.

Eine Behandlungsindikation im Arbeitsgebiet B) besteht ferner

2.
für die im mechanischen, haemodynamischen und nervös-reflektorischen Einflussbereich
der Atmung liegenden Organsysteme des Bauchraums.
Experimentell und empirisch auf den drei eben genannten Wegen gesichert ist hier therapeutisch beeinflussbar:
Die Tätigkeit des Magens und Darms, der Gallenblase, der Nieren.

Für die empirisch vielfältig von zahlreichen Atemtherapeuten erarbeiteten Heilerfolge bei chronischen Dys- und Unterfunktionen alle Bauchdrüsen, also Leber, Bauchspeicheldrüse, gesamtes Endokrinum sind experimentelle Bestätigungen noch nicht erarbeitet worden. Auf die Weite, Wichtigkeit und die Erfolgsmöglichkeiten dieses Forschungsgebietes sei indes hier mit aller Überzeugung und allem Nachdruck verwiesen.

3.
Ein erstfangiges therapeutisches Wirkungsfeld der Atembehandlung ist neben den genannten die innerchemische Lage im Organismus, sein ph, seine Ionen-Konzentration.
Die Lunge als das Organ des Sauerstoff- und Kohlensäuregaswechsels wahrscheinlich auch der örtlichen Oxydation von Fetten und Milchsäure und vielleicht auch bestimmter innerer Sekretion ist mit dieser Blut-Beatmung ein wichtiger Moderator der inneren Blut- und Gewebs-ph-Lage.
So werden von der Art und Weise, wie in der Lunge diese chemischen Gaswechselprozesse vor sich gehen, über die Modifizierung des ph, der Blut- und Gewebs-Ionen-Konzentration alle ph-abhängigen Ereignisse im Organismus tangiert, so die Permeabilität der Zellwände, allgemein die Eiweiß-Kolloidität, der Wasserhaushalt, die Wirkweise von Hormon, Fermenten, Vitaminen, der Haushalt der Mineralien, die vegetative Tonuslage und noch vieles mehr. Man findet also hier fast alle prominenten innerchemischen Faktoren des Gesamtorganismus in ihrer Abhängigkeit vom äußeren und inneren Atmungsgeschehen in eindrucksvoller Vielzahl versammelt.
Diese mit entscheidende Einwirkung des Atmungsgeschehens auf den Gesamtorganismus wird in dem empirisch noch nicht beobachteten, alltäglichen Erfolg der Atemtherapie sichtbar.
In Konsequenz dieser Möglichkeit bestehen atemtherapeutische Indikationen bei vorliegenden innerchemischen Verschiebungen, verursacht durch chronischen oder akuten Sauerstoffmangel, Hypoxydose oder Kohlensäurestauung, welche zu den verschiedensten Formen der inneren Tonusstörung, vielfach im Sinne einer Übersäuerung führen.

Am bekanntesten sind die Folgen der Hypoxydose chronische Dyskolloidität mit Neigung zu chronischer Ermüdung, nicht heilende Entzündungen, Nekrosen, wahrscheinlich auch tumoröser Entartung, Rheuma, Schmerzzustände, vegetative Tonusverschiebung, vegetative Dystonie, Hypertonie, Allergie.
Man hat bei Vorliegen solcher Störungen im Organismus immer auch die Atmung zu prüfen.
Durch die Fehlfunktion oder Insuffizienz der Atmung kann der kranke Organismus unter Umständen gegen jede anderweitige Therapie resistent sein, durch ihre Wiederordnung kann der Organismus aus sich selbst heraus, in nicht seltenen Fällen ohne jede weitere Außenhilfe, wieder vollkommen bis zur Norm reguliert werden.

4.
Vor uns breitet sich schließlich noch ein letztes weites Wirkungsfeld der Atmungsvorgänge und damit der Beeinflussung durch Atemtherapie aus. Dieses Wirkungsfeld erstreckt sich von der vegetativ-nervösen Steuerung der Peripherie über die zentralen Direktions-Areale des Vegetativums bis hin zu den Regionen der Großhirnbewusstheit und der Psyche.

Alle Kulturkreise der Völker haben, wo immer und wie lange sie sich auch mit der Frage der Atempflege befassten, die engen Wechselbeziehungen zwischen seelisch-geistigem und den Vorgängen im äußeren und inneren Atemgeschehen begriffen und sie als ein wichtiges Gebiet ihrer Beobachtung und Heilaufgabe aufgefasst.

Wiederordnung einer verdorbenen Atmung als Ausgangspunkt und Voraussetzung zur Wiederherstellung einer harmonisch-entspannten seelisch-geistigen Gleichgewichtslage und umgekehrt, die variationsfreudige äußere Atemform als Ausdruck und Gleichnis aller Wellenbewegung in Verstand und Gemüt sind wie seit altersher bekannte tragende Säulen im Tempel der Atemheil-Möglichkeiten für Bewusstheit und Psyche.

Die Atembehandlung musste gerade hier um ihrer psychotherapeutischen Möglichkeiten willen manche Unbilligkeitenn wie ein mächtiger Fels im Meer an sich heranbranden lassen. Man attackierte sie, als sei sie ein nicht ungefährlich-betrügerisches Stimulans für unbeschäftigte, psychoasthenische Frauen, kein Heilmittel des Wissens, sondern vielmehr ein solches nur für den Glauben, eine Art Placebo oder Selbstsuggestion und vieles andere mehr.

So müssen wir uns hier doch nun noch kurz die Frage vorlegen, wie weit der feste physiologische Grund hier schon ins Unbekannte hinaus gebaut werden konnte, inwieweit also die Tatsache der engen Verflochtenheit zwischen den körperlichen Atmungsvorgängen und der Zustandsform im geistig-seelischen untermauert ist.

Eine erste Seele-Geist-Beziehung der Atmung liegt in dem Umstand der Sauerstoffversorgung des Gesamtorganismus und er ph-Beeinflussung des Organismus-Milieus, damit auch seiner vegetativen Tonuslage begründet. Der vegetative Tonus ist eine der wichtigen Unterlagen für den geistig-seelischen Tonus.
Eine weitere Beziehung ist auch tonisch wirksam, diesmal aber über den unwillkürlichen muskulären Tonus, der ja bekanntlich nicht vegetativ, sondern über das extrapyramidale System dirigiert ist. Zur Formung des jeweiligen Skelettmuskeltonus sammeln sich Impulse aus verschiedensten Einflussgebieten; wichtige Einflussgebiete, die hier modifizierende Impulse entsenden, sind die Geist-Seele-Regionen. So kann durch Einflüsse aus diesen Gebieten insbesondere der Atemmuskel-Tonus einer ständig wechselnden Modifiktion unterliegen und die vom Atemmuskel-Tonus entscheidend gesteuerte Atemform, die Frequenz und der Rhythmus, damit die Leistung der Atmung, ihr Wirkungsgrad tiefgreifende Abwandlungen erfahren.
Die Veränderungen können dabei für bestimmte Einflüsse charakteristisch und sozusagen gesetztmäßig sein.

Beispiele Römers: Rechnen und Musik
a) Atmung eines geistigen Arbeiters: hochbegabter Mathematiker, ohne Beschäftigung hochgradig nervös, von schizothymen Typus im Sinne der Typeneinteilung Bild:
-> die Atemkurve beruhigt und harmonisiert sich sofort bei Beschäftigung mit einer Rechenaufgabe
b) ängstlich junges Mädchen, dessen Atemtonuslage jeweils bei Stellung neuer Testaufgaben vor Angst absinkt. Grenze des Pathologischen, wie alle starken Tonusschwankungen
c) Kriegsneurose: der Patient, Kriegsheimkehrer, zeigt relativ ruhige Atemkurve bis zu dem Augenblick, wo sein Kriegserlebnis zur Sprache kommt. Hier zerfällt die Atemkurve neurotisch
d) Entwicklung von Atemhemmungen bei geistiger Arbeit
e) Verschiedenartige musikalische Erlebnistypen
f) drei Atemkurven eines musikalischen Dirigenten bei wesensverschiedener Musik.

Neben den genannten respiratorischen Leib-Geist-Seele-Beziehungen brachte die neuere Forschung Licht in einen seltsamen Beziehungskreis, aus dem sich grundlegende Folgerungen für unsere Frage ableiten:
Wie sich – bis heute allerdings nur im Tierversuch – hat zeigen lassen, besteht für den jeweiligen Wachzustand der Großhirnrinde eine unbedingte Abhängigkeit von der Aktivität tieferer Zwischen-Mittel- und Stammhirnzentralen, welche die Direktion der vegetativen Organmotorik begründen.
Ohne eine entsprechende Tätigkeit dieser ausgedehnten Zellareale ist auch eine entsprechende Leistungshöhe der Rindengebiete gar nicht möglich und auch gar nicht gegeben, womit sich – nebenbei bemerkt – auch der Wahn von der Loslöslichkeit der „edlen Geistigkeit“ aus der „unedlen Materie“ und der Allmachtsglaube an die Großhirnrinde allein gewisssermaßen schon von selbst überholt hat. Insbesondere zeigt sich, und dies ist für unsere Frage der Atmung ganz besonders wichtig, eine starke Abhängigkeit der Großhirnwachtätigkeit von der Aktivität aller der Zentren, welche die zentrale Steuerung der Atmung in der Substantia reticularis  des Rautenhirns bis herauf zum Thalamus und besonders Hypothalamus übernehmen. Zerstörung der hypothalamischen Zentren beispielsweise hat eine zunehmende Somnolenz bis zum unerweckbaren Schlafzustand im Gefolge. Umgekehrt hebt die Belebung der Organmotorik, insbesondere der Atmung, hier auch den Wachzustand der Großhirnrindenbewußtheit.
So kennen wir hier schon eine Reihe von physiologischen Zusammenhängen, welche die altbekannten wichtigen Geist-Seele-Verknüpfungen der Atmung ihren mystischen Dünkel entheben, damit den Mut zum heilerischen Handeln stark beleben und nicht zuletzt eine erhebliche Weitung unseres Blickfeldes über uns selbst ergeben.

Und nun zur heilerischen Handlung in der praktischen Arbeit.
Auch hier muss man sich leider auf einen mit großen Strichen gezeichneten kurzen Überblick beschränken.
Da heute noch keine einheitlichen Richtlinien für ein allgemeingültiges atemheilerisches Vorgehen vorliegen, so fehlt jedes dogmatisches Schema.
Wir stehen damit, um sich dies einmal deutlich vor Augen zu führen, in der bedeutungsvollen Schöpfungsphase, die die Grundlegung zu einem allgemein gültigen Gebäude dieser wichtigen Therapie vom Atem einleitet. Diese Atemtherapie möchten wir aus Theorie-Überlegungen und praktischen Erfolgsbetrachtungen heraus ohne Zögern als das Kernstück aller naturheilerischen Behandlungsweisen herausstellen. Als dieses stärkste Element hat sie sich uns in drei Jahrzehnten intensiver Beobachtung und Erfahrung immer von neuem und täglich deutlicher bewährt. Möge also diese ihre Schöpfungsphase von den bestmöglichen Aspekten bestrahlt sein.

Ein Behandlungsschema wird auch beim allgemein gültigen Ausbau der Atembehandlung sich nicht allzu leicht festlegen lassen.
Grundsätzlich haben sich die einzelnen Behandlungsmaßnahmen immer  nach der gestellten Aufgabe zu richten. Diese kann, wie die Aufzählung  der einzelnen Arbeitsgebiete hat erkennen lassen, äußerst verschieden, teils einfach, teils auch sehr komplizierter Natur sein. Kein Fall kann hier den anderen vollkommen gleichen, wie kein Mensch und kein Organismus dem anderen gleicht, und so kann – das sei nur am Rande bemerkt – Atembehandlung durch den Reiz ständig neuer Problematik auch niemals stumpf und eintönig oder langweilig sein. Ihre weitgespannten Wirk-, und Erfolgsmöglichkeiten machen sie vielmehr zu einer wirklich faszinierenden Heilkunst, die den Heiler nicht minder beglückt wie den von der Heilung Gesegneten.

Als eine charakteristische Richtlinie bei der Atembehandlung kann jedoch immerhin gelten, dass bei Vorliegen einer atemtherapeutischen Indikation der Patient zuerst in seinen örtlichen Atemapparat-Störungen und in zweiter Linie in den Störungen der Wechselbeziehungen zwischen Atemapparat und Gesamtorganismus geprüft und der Behandlung zugeführt werden muss.
Die erste Aufgabe muss immer die örtliche bleiben, mit der Hand in Hand oder als direkte Folge die ganzheitliche aufgegriffen und schließlich erfüllt werden kann.
Ob wir, konkret gesprochen, eine Querlage des Herzens, venöse Einflußstauungen, einen varikösen Symptomenkomplex, eine atonische Obstipation, eine Gallenstauung, eine Hypoxämie, eine Dyskolloidität mit chronischer Ermüdungsbereitschaft, schließlich eine Schlaflosigkeit oder Neurose atemtherapeutisch behandeln, stets haben wir als erstes die örtlichen äußeren Atmungsvorgänge auf ihre Plus-Minus-Verhältnisse zu überprüfen, ihre Korrektur in Angriff zu nehmen und – vielleicht Hand in Hand damit – aber doch erst in nächster Etappe uns um die gestörte Atmungs-, Organismusbeziehung gründlich anzunehmen. Denn in der Mehrzahl der Fälle sind es ja gerade verschiedene örtliche Fehlformen und Funktionsstörungen im Bereich der äußeren Atmung, die Herz, Kreislauf und andere Organsysteme, inneren Chemismus, vegetative und seelische Gleichgewichtslage entweder irritieren oder gar bremsen oder zumindest nicht genügend unterstützen und sie daher ihren eigenen Leistungsbelastungen nicht ausreichend gewachsen sein lassen.

Nun: für die Behandlung der örtlichen Störungen, also für die Aufgabe A) in der Atembehandlung, kann man verschiedene Methoden aufzeigen. Mehrerer Atemschulen haben diesen Versuch unternommen, auch unsere, und so darf ich Sie hier kurz in diesen unseren örtlichen Behandlungsgang hineinführen. Sie werden auch hierbei bald sehen: auch die örtliche Behandlung selbst lässt sich von Behandlungsmaßnahmen, welche umgekehrt wieder die Atmungsbeziehungen zum Gesamtorganismus betreffen, natürlicherweise nie vollkommen lösen.

Beispiel:
Zunehmend sich verkleinernde Herzkonturen beim Pressversuch (Valsalva): der venöse Rückfluss zum Herzen kann durch den intrathorakalen überdruck bis zu hohen Werten abgestroppt werden, in einem von Bürger genannten Fall betrug das Schlagvolumen am Anfang des Pressens 100,44 ccm, nach 45 Sek. Pressen 8,56 ccm.

Die örtliche Behandlung befasst sich, wie eingangs gezeigt, mit den einzelnen Fehlermöglichkeiten der äußeren Atmung.
So wollen wir das Verständnis für Sie durch eine kurze, vorweg gebrachte Übersicht über diese wichtigen äußeren Atemfehlformen und Fehlfunktionen, soweit in Kürze hier möglich, erleichtern.

Ein kurzer statischer Überblick über die Häufigkeit dieser Atemfehlformen soll der Demonstration noch vorausgehen:

Zunächst die Wirbelsäulen-, und Rumpfhaltungsschäden, welche ja stets auch Atemschäden und Atemfehlformen bedeuten:

1954 gibt der Orthopäde und Schularzt Schwabe an, dass „50% der deutschen Schulkinder an Haltungsschäden leiden“.

Ebenfalls 1954 beziffert Sloman, Vorsitzender der gemeinnützigen Schutzdienstes für Volksgesundheit, Hamburg, die Rückgratschäden der Schulkinder mit 60%.

1955 fordert Koppenwallner, Finanz- und Sportausschuss des deutschen Städtebundes, Abhilfe gegen den hohen Prozentsatz an Haltungsschäden des Schulkindes von über 50%.

1957 gibt Diem Untersuchungen durch Mau in Hamburg an Schulkindern mit Haltungsschäden 42% an, gleiche Untersuchungen an Sportlern durch Hepper ergaben 36% Haltungsschäden.

Diem gibt ferner 80 – 90 % Brustkorbdeformierungen an 5600 untersuchten Bauernjungen aus dem Schwarzwaldgebiet an.

Eigene Haltungs-, und Atemuntersuchungen weisen etwa 50.000 im Laufe von drei Jahrzehnten untersuchten Patienten Haltungs-, und Atmungsfehlformen auf, welche noch beträchtlich, bis zu 20 und 30% über den vorausgegangenen Angaben also etwas bei
70 – 80 % liegen. Dies hängt jedenfalls auch damit zusammen, dass den Arzt und besonders den Atemtherapeuten doch bereits fast ausnahmslos Menschen aufsuchen, die sich nicht mehr gesund fühlen und häufig auch schon speziell atmungsgestört sind.

Angaben wie die von Ide, Aubel, Berliner und vielen anderen Atemtherapeuten, dass fast kein Mensch heute mehr ganz richtig atme und frei von Atemfehlformen sei, erweisen sich daher in der Praxis leider als kaum übertrieben.